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Brief für Unternehmer und Freiberufler August 2015


Sehr geehrte Damen und Herren,


dieser Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht des vergangenen Monats informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen. Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Elektronische Steuererklärung: Ist schlichtes Vergessen grob fahrlässig?

2.

Reverse-Charge-Verfahren und Bauleistungen: Keine Nachforderung von Umsatzsteuer

3.

Oldtimer im Betriebsvermögen? Besser nicht!

4.

Grunderwerbsteuer: Verlängerung der Festsetzungsfrist bei Verletzung der Anzeigepflicht?

5.

Bekanntgabemangel: Keine Heilung, wenn Finanzamt Bekanntgabewillen aufgibt

6.

Arbeitszimmer: Wo hat ein Handelsvertreter seinen Tätigkeitsmittelpunkt?

7.

Miteigentum und Arbeitszimmer: Wie können Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft die Kosten geltend machen?

8.

Fehlerhafte Abrechnungen: Dienstleister muss Schadensersatz leisten

9

Instandhaltungsrücklage bei Mehrhausanlagen: Für jedes Haus darf eine eigene Rücklage gebildet werden

10.

Mahnverfahren: Bei unrichtigen Angaben hemmt der Mahnbescheid die Verjährung nicht

11.

Schwarzarbeit: Gewährleistungsansprüche sind ausgeschlossen


1. Elektronische Steuererklärung: Ist schlichtes Vergessen grob fahrlässig?

Vergisst der Steuerpflichtige, einen steuermindernden Betrag in seiner Steuererklärung anzugeben, und wird der Steuerbescheid bestandskräftig, kann dieser zwar grundsätzlich geändert werden. Das geht aber nur, wenn das Vergessen nicht grob fahrlässig war.

X war an einer GmbH beteiligt, die in 2007 liquidiert wurde. Der Verlust des X aus der Auflösung der GmbH betrug rund 200.000 EUR. Die vom Steuerberater des X gefertigten Erklärungen zur Einkommensteuer und zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags enthielten keine Angaben zu dem Veräußerungsverlust. Der Berater hatte den Übertrag in das entsprechende Feld des elektronischen DATEV-Formulars "schlicht vergessen".

X beantragte in 2011, den Verlustfestfeststellungsbescheid zu ändern und den Auflösungsverlust zu berücksichtigen. Die gegen die ablehnende Entscheidung des Finanzamts erhobene Klage wies das Finanzgericht ab. Zwar treffe X selbst kein grobes Verschulden. Jedoch sei ihm das Verschulden seines Beraters zuzurechnen. Das Vergessen der Übertragung des bereits berechneten Verlustbetrags in den elektronischen Vordruck sei grob fahrlässig. Wegen des groben Verschuldens an dem nachträglichen Bekanntwerden der steuermindernden Tatsachen könne die Veranlagung nicht mehr geändert werden.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof zeigte sich in seiner Entscheidung großzügiger. Er betonte, dass der Begriff des Verschuldens bei elektronisch gefertigten Steuererklärungen grundsätzlich so auszulegen ist wie bei schriftlich gefertigten Erklärungen. Allerdings ist bei elektronischen Erklärungen besonders zu berücksichtigen, dass die Übersichtlichkeit eingeschränkt sein kann und die ausgefüllten Felder mitunter schwieriger als bei einer Erklärung in Papierform zu überblicken sind.

Fehler und Nachlässigkeiten, die üblicherweise vorkommen und mit denen immer gerechnet werden muss, stellen keine grobe Fahrlässigkeit dar. Insbesondere bei unbewussten Fehlern, die selbst bei sorgfältiger Arbeit nicht zu vermeiden sind, kann grobe Fahrlässigkeit ausgeschlossen sein. Zu solchen unbewussten – rein mechanischen – Versäumnissen zählen bloße Übertragungs- oder Eingabefehler, wie sie selbst bei sorgfältiger Arbeit nicht zu vermeiden sind.

Grobe Fahrlässigkeit liegt nur dann vor, wenn der Steuerpflichtige oder der Berater in Steuerformularen gestellte Fragen bewusst nicht beantwortet oder klare und ausreichend verständliche Hinweise bewusst unbeachtet lässt.

2. Reverse-Charge-Verfahren und Bauleistungen: Keine Nachforderung von Umsatzsteuer

Unternehmen, die Bauleistungen an Bauträger erbracht und dabei das Reverse-Charge-Verfahren angewendet haben, müssen nach einer Änderung der Rechtslage bzw. Rechtsprechung nicht rückwirkend Umsatzsteuer zahlen.

Der Antragsteller hatte im Jahr 2009 als Bauunternehmer Bauleistungen an verschiedene Bauträger ausgeführt. Entsprechend der damaligen Verwaltungsauffassung gingen die Beteiligten davon aus, dass die Bauträger als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schulden, weshalb die Steuer vom leistenden Bauunternehmer nicht an das Finanzamt abgeführt wurde. Aufgrund eines Urteils des Bundesfinanzhofs forderten die Bauträger die ihrerseits gegenüber dem Finanzamt angemeldete Umsatzsteuer zurück. Daraufhin setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer gegenüber dem leistenden Bauunternehmer fest und berief sich dabei auf eine im Jahr 2014 neu geschaffene gesetzliche Regelung.

Entscheidung

Das Finanzgericht hat dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Bauunternehmers stattgegeben, da dem Antragsteller Vertrauensschutz gewährt werden müsse. Danach darf bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung, einer obersten Bundes- oder Landesbehörde von einem obersten Gerichtshof des Bundes als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet worden ist. Weil die neue gesetzliche Regelung diesen Vertrauensschutz ausdrücklich ausschließt, spricht viel dafür, dass insoweit eine unzulässige echte Rückwirkung vorliegt. Zumindest erscheint eine solche nicht ausgeschlossen, da der Gesetzgeber mit der neuen Vorschrift in die zum Zeitpunkt der Gesetzesverkündung bereits entstandene Umsatzsteuerschuld für 2009 nachträglich eingegriffen hat.

Generell verstößt es gegen jegliches Rechtsempfinden, wenn bauleistende Unternehmer im Vertrauen auf damals bestehende Verwaltungsanweisungen gezielt danach gehandelt haben und nun Jahre später in Anspruch genommen werden sollen.

3. Oldtimer im Betriebsvermögen? Besser nicht!

Wird ein Oldtimer als Betriebsvermögen ausgewiesen, ist das steuerlich nicht immer von Vorteil. Im Gegenteil: Diese steuerliche Behandlung kann im Einzelfall sogar zu erheblichen Nachteilen führen.

Die X-GmbH & Co. KG betreibt eine Werbeagentur. Anfang 2013 hat sie einen Pkw-Oldtimer für 40.000 EUR erworben. In den Jahren 2013 und 2014 nutzte der alleinige Kommanditist B den Pkw zu wenigen Kundenbesuchen. Die übrigen Fahrten dienten dem Tanken, der TÜV-Abnahme sowie der Inspektion. Die betrieblichen Fahrten im Jahr beliefen sich auf 450 bzw. 600 km.

Die KG hat den Pkw innerhalb einer betriebsgewöhnlichen Restnutzungsdauer von 4 Jahren abgeschrieben, sodass sich der Restbuchwert am 31.12.2014 auf 20.000 EUR beläuft. Nach einer Außenprüfung erkennt das Finanzamt die Absetzung für Abnutzung für 2013 und 2014 von je 10.000 EUR nicht als Betriebsausgaben an. Damit ist die KG nicht einverstanden. Der Pkw werde von ihr als Betriebsfahrzeug zu Werbe- und auch Repräsentationszwecken genutzt, die durchgeführten Fahrten laut Fahrtenbuch seien sämtliche als betriebliche Fahrten zu werten. Anfang 2015 hat die KG den Pkw für 40.000 EUR veräußert.

Entscheidung

Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen sind nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. Unter diese gesetzliche Regelung fallen nach Auffassung des Finanzgerichts auch die Aufwendungen für einen Pkw-Oldtimer; diese sind deshalb nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. Der Bundesfinanzhof hatte dies bereits in einer früheren Entscheidung bestätigt, dass Oldtimer – insbesondere wenn sie wie hier kaum bewegt werden – unter das Abzugsverbot fallen können.

Bei der Veräußerung von Wirtschaftsgütern, die vom Abzugsverbot betroffen sind, ist zur Berechnung des Veräußerungsgewinns als Buchwert der Wert anzusetzen, der sich unter Berücksichtigung der – den Gewinn bisher nicht beeinflussenden – Absetzung für Abnutzung ergibt. Der Buchgewinn aus der Veräußerung des zum Betriebsvermögen gehörenden Fahrzeugs ist also auch insoweit einkommensteuerpflichtig, als die Absetzung für Abnutzung während der Besitzzeit dem Gewinn außerhalb der Bilanzen als nicht abziehbare Betriebsausgabe gewinnerhöhend wieder zugerechnet wurde. Als Veräußerungsgewinn sind somit 20.000 EUR anzusetzen.

4. Grunderwerbsteuer: Verlängerung der Festsetzungsfrist bei Verletzung der Anzeigepflicht?

Verletzt ein Notar die ihm obliegende Anzeigepflicht leichtfertig, indem er die Anzeige an die Körperschaftsteuer- statt an die Grunderwerbsteuer-Stelle schickt, wird die Festsetzungsfrist für die Grunderwerbsteuer nicht verlängert.

Der Alleingesellschafter G übertrug Geschäftsanteile an P. Den noch verbliebenen Geschäftsanteil verkaufte er durch Notarvertrag v. 25.4.2001 ebenfalls an P. Der Notar übersandte die Verträge über die Veräußerungen unter Bezugnahme auf seine Anzeigepflicht an die Körperschaftsteuer-Stelle des Finanzamts.

Mit Vertrag vom 30.1.2002 erwarb G von P sämtliche Anteile zurück. Der Notar übersandte diesen Vertrag ebenfalls an die Körperschaftsteuer-Stelle (eingegangen am 5.2.2002). Die Körperschaftsteuer-Stelle fertigte darauf eine Kontrollmitteilung an die Grunderwerbsteuer-Stelle und fügte ihr den Vertrag bei. Ob diese Mitteilung bei der Grunderwerbsteuer-Stelle eingegangen ist, konnte nicht festgestellt werden. Erst mit Bescheid vom 22.2.2010 und Änderungsbescheid vom 20.4.2010 setzt das Finanzamt Grunderwerbsteuer fest.

Dagegen wandte sich G und machte Festsetzungsverjährung geltend. Das Finanzgericht gab seiner Klage statt.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof konnte über den Fall nicht abschließend entscheiden. In seiner Begründung stellte er fest:

Der Rückerwerb durch G mit Vertrag vom 30.1.2002 unterlag der Grunderwerbsteuer. Zwar wird bei einem Rückerwerb innerhalb von 2 Jahren die Steuerfestsetzung für den Erwerb und den Rückerwerb aufgehoben. Das setzt aber voraus, dass der ursprüngliche Erwerb (Verkauf des Restanteils durch G an P) ordnungsgemäß angezeigt wurde. Das war hier nicht der Fall. Denn die Anzeige muss grundsätzlich an die Grunderwerbsteuer-Stelle des Finanzamts übermittelt werden. Eine nicht ausdrücklich an die Grunderwerbsteuer-Stelle gerichtete Anzeige genügt nur dann, wenn sie sich nach ihrem Inhalt eindeutig an die Grunderwerbsteuer-Stelle richtet. Die Anzeige des Notars war jedoch ausdrücklich an die Körperschaftsteuer-Stelle gerichtet.

Bei einer fehlenden Anzeige beginnt die 4-jährige Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des dritten Jahrs nach der Entstehung der Steuer. Die 4-jährige Frist endete somit regulär zum Jahresende 2009.

Allerdings ist zu beachten, dass in 2009, somit vor Ablauf der regulären 4-jährigen Frist, Bescheide über die gesonderte Feststellung der Grundstückswerte ergangen waren. Diese Bescheide (Grundlagenbescheide) haben zu einer Ablaufhemmung von 2 Jahren geführt mit der Folge, dass insoweit durch die angefochtenen Bescheide aus 2010 die Grunderwerbsteuer noch festgesetzt werden konnte.

Zur Verletzung der Anzeigepflichten stellt der Bundesfinanzhof klar, dass Täter einer leichtfertigen Steuerverkürzung nur der Schuldner sein kann, aber nicht der Notar. Dieser ist weder Steuerpflichtiger noch nimmt er im Hinblick auf die Anzeigepflicht Angelegenheiten des Steuerpflichtigen wahr. Eine entsprechende Wahrnehmung setzt eine rechtsgeschäftliche Beauftragung durch den Steuerschuldner voraus. Die nicht ordnungsgemäße Anzeige des Notars führte daher nicht zu einer Fristverlängerung.

Allerdings könnte auf Seiten des G als Steuerschuldner wegen Nichtabgabe der ihm obliegenden Anzeige eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegen.

5. Bekanntgabemangel: Keine Heilung, wenn Finanzamt Bekanntgabewillen aufgibt

Wird eine Bekanntgabevollmacht missachtet, gilt ein Einkommensteuerbescheid als nicht wirksam bekannt gegeben. Eine nachfolgende Weitergabe des Bescheids an den Bevollmächtigten kann zur Heilung des Bekanntgabemangels führen. Das gilt allerdings nicht, wenn das Finanzamt vorher ausdrücklich seinen Bekanntgabewillen aufgegeben hat.

Der am 29.12.2009 an den Steuerpflichtigen bekannt gegebene Einkommensteuerbescheid 2003 (Schätzungsbescheid wegen Nichtabgabe einer Steuererklärung) hätte aufgrund einer Bekanntgabevollmacht an den Bevollmächtigten bekannt gegeben werden müssen. Erst am 13.8.2012 leitete der Steuerpflichtige den Steuerbescheid an seinen Bevollmächtigten weiter. Dieser legte noch am gleichen Tag gegen den Bescheid Einspruch ein. Zuvor hatte das Finanzamt in einem Schreiben vom 3.8.2012 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Ausgangsbescheid vom 29.12.2009 nie existiert habe. Der Erlass eines erneuten Steuerbescheids sei nun jedoch nicht mehr möglich, da die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer 2003 bereits am 31.12.2010 abgelaufen sei. Hiergegen richteten sich der eingelegte Einspruch sowie die nachfolgend eingelegte Klage, mit der für 2003 Verluste aus der Veräußerung von Beteiligungen geltend gemacht wurden.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab und bestätigte, dass die Festsetzungsfrist am 31.12.2010 abgelaufen ist.

Die Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids 2003 am 29.12.2009 war unwirksam, da das Finanzamt die vorliegende Bekanntgabevollmacht zugunsten des Bevollmächtigten nicht beachtet hatte. Ein derartiger Bekanntgabemangel kann durch die Weitergabe des Steuerbescheids an den Bekanntgabeempfänger geheilt werden. In diesem Fall liegt erst zum Zeitpunkt der Weitergabe des Bescheids eine wirksame Bekanntgabe vor.

Im Streitfall konnte es hierzu jedoch nicht mehr kommen, da das Finanzamt bereits zuvor gegenüber dem Bevollmächtigten des Steuerpflichtigen seinen Bekanntgabewillen für den am 29.12.2009 erlassenen Einkommensteuerbescheid ausdrücklich aufgehoben hatte.

6. Arbeitszimmer: Wo hat ein Handelsvertreter seinen Tätigkeitsmittelpunkt?

Auch ein Handelsvertreter kann seinen qualitativen Tätigkeitsmittelpunkt im häuslichen Arbeitszimmer haben. Voraussetzung ist, dass er in diesem Raum prägende betriebswirtschaftliche Tätigkeiten ausübt und keiner klassischen Außendiensttätigkeit nachgeht.

Ein selbstständiger Handelsvertreter war überregional im Wurst- und Käsevertrieb tätig. Für diese Tätigkeit hatte er sich ein häusliches Arbeitszimmer eingerichtet, für das er 2010 Raumkosten von insgesamt 3.595 EUR hatte. Das Finanzamt erkannte die Kosten nur beschränkt mit 1.250 EUR als Betriebsausgaben an, weil der Tätigkeitsmittelpunkt nicht im Arbeitszimmer liege. Entscheidend sei, dass er die prägenden Tätigkeiten (z. B. Präsentation neuer Waren, Betreuung der Neukunden) vor allem im Außendienst ausübe.

Entscheidung

Das Finanzgericht war da anderer Meinung. Es entschied, dass der Tätigkeitsmittelpunkt des Handelsvertreters sehr wohl im häuslichen Arbeitszimmer liegt und ließ die Raumkosten komplett zum Abzug zu.

Entscheidend war für das Gericht, dass der Handelsvertreter keiner klassischen Außendienststätigkeit nachgegangen war, sondern in erster Linie an der Vermittlung von Liefergeschäften im Innendienst beteiligt war. Ein erheblicher Anteil seiner Arbeitszeit entfiel darauf, Preis- und Sortimentslisten, Monatsübersichten und sog. 26-Wochen-Analysen für jeden Kunden zu erstellen. Seine Aufgabe erstreckte sich auch auf die individuelle Angebots- und Bedarfsermittlung für jeden einzelnen Kunden. Die prägenden betriebswirtschaftlichen Tätigkeiten hatte der Vertreter im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt. Dieser Raum war quasi seine unternehmerische Schaltzentrale.

7. Miteigentum und Arbeitszimmer: Wie können Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft die Kosten geltend machen?

Steht ein Gebäude im Miteigentum der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, kann der eine Partner die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer nur zur Hälfte geltend machen. Das gilt auch dann, wenn er das Arbeitszimmer alleine nutzt und die Schuldzinsen aus den gesamtschuldnerisch aufgenommenen Finanzierungsdarlehen allein von ihm getragen werden.

Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft erwarben gemeinsam ein Einfamilienhaus. Der Steuerpflichtige nutzte in dem Gebäude eine Bürofläche als Arbeitszimmer zur Erzielung von Gewinneinkünften und machte u. a. die hierauf entfallenden Finanzierungskosten in voller Höhe als Betriebsausgaben geltend. Die laufenden Raten (Zins und Tilgung) wurden in vollem Umfang von seinem Konto abgebucht. Das Finanzamt berücksichtigte jedoch aufgrund des hälftigen Miteigentumsanteils der Lebenspartnerin nur die Hälfte der Finanzierungskosten als Betriebsausgaben.

Entscheidung

Das Finanzgericht folgte der Auffassung des Finanzamts. In seiner Begründung verwies es auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum Miteigentum von Ehegatten. Diese ist nach Ansicht der Finanzrichter bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften entsprechend anzuwenden.

Für laufende Aufwendungen gilt deshalb, dass dann, wenn keine besonderen Vereinbarungen getroffen wurden, die Zahlung jeweils für Rechnung desjenigen geleistet werden, der den Betrag schuldet. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn sich der Nichteigentümer-Ehegatte an den auf das Arbeitszimmer entfallenden laufenden Kosten beteiligt hat.

Ein vollständiger Kostenabzug kann nur erreicht werden, wenn der Nichteigentümer-Ehegatte in Absprache mit dem anderen Ehepartner Finanzierungsaufwendungen, die das Arbeitszimmer betreffen, selbst übernimmt. Hierzu bedarf es jedoch einer ausdrücklichen Vereinbarung zwischen den Partnern, die im Streitfall nicht vorlag.

8. Fehlerhafte Abrechnungen: Dienstleister muss Schadensersatz leisten

Ein Dienstleister, der fehlerhafte Heizkostenabrechnungen erstellt, muss dem Vermieter den dadurch entstandenen Schaden ersetzen. Das sind zum einen die Beträge, die der Vermieter seinen Mietern nach einer Abrechnungskorrektur erstatten muss, zum anderen die von anderen Mietern zu wenig gezahlten Beträge, die der Vermieter nicht mehr nachfordern kann.

Der Dienstleister hatte für die Wohnanlagen die Abrechnungen für die Jahre 2008 und 2009 erstellt. Dabei addierte er Zählerstände, die nicht hätten addiert werden dürfen. Die Heiz- und Warmwasserkosten wurden den Wohnungen daher falsch zugeordnet. Die Abrechnungen wurden den Mietern übersandt. Teilweise leisteten die Mieter Nachzahlungen, teilweise erhielten sie Guthaben ausbezahlt.

Die korrigierten Abrechnungen haben die Mieter im November 2014 erhalten. Die überzahlten Beträge in Höhe von insgesamt 60.000 EUR wollen die Vermieter ihren Mietern erstatten. Diesen Betrag fordern sie als Schadensersatz von dem Dienstleister.

Entscheidung

Das Landgericht Berlin gab den Vermietern Recht.

Indem er Zählerstände zusammengerechnet hat, die er nicht hätte addieren dürfen, hat der Dienstleister seine vertragliche Verpflichtung, eine verbrauchsabhängige ordnungsgemäße Abrechnung zu erstellen, verletzt.

Den Vermietern ist durch die fehlerhaften Abrechnungen ein Schaden entstanden. Und zwar zum einen in Höhe der von einigen Mietern zu viel geleisteten Zahlungen, zum anderen in Höhe der den anderen Mietern zu wenig berechneten Heizkosten, denn diese können die Vermieter nicht nachträglich durch eine Änderung der Betriebskostenabrechnungen geltend machen. Die Betriebskostenabrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des 12. Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Im vorliegenden Fall haben die Vermieter jedoch die verspätete Geltendmachung der Heiz- und Warmwasserkosten zu vertreten, denn sie müssen sich das Verschulden des Dienstleisters als ihres Erfüllungsgehilfen zurechnen lassen.

Die Mieter, die zu viel geleistet haben, können deshalb eine Rückzahlung dieser Zahlungen verlangen. Zwar ist die Frist für Einwendungen gegen die ersten, fehlerhaften Betriebskostenabrechnungen abgelaufen. Allerdings hätten die Mieter die verspätete Geltendmachung der Einwendungen nicht zu vertreten, denn die ursprünglichen Betriebskostenabrechnungen enthielten Fehler, die durch bloße Prüfung und gegebenenfalls Vergleich mit dem Mietvertrag nicht erkennbar waren.

9. Instandhaltungsrücklage bei Mehrhausanlagen: Für jedes Haus darf eine eigene Rücklage gebildet werden

In Mehrhausanlagen darf die Eigentümergemeinschaft getrennte Instandhaltungsrücklagen für einzelne Gebäude bilden.

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft besteht aus zwei Komplexen mit Wohngebäuden (Komplex A und B). Die beiden beklagten Eigentümer sind Sondereigentümer sämtlicher Wohnungen in Komplex B. Die Gemeinschaftsordnung sieht vor, dass eine angemessene Instandhaltungsrücklage für das gemeinschaftliche Eigentum angesammelt wird.

Die Eigentümer beschlossen in einer Eigentümerversammlung am 7.12.2004 mehrheitlich, die Instandhaltungsrücklagen für die Komplexe A und B zu trennen. Die vorhandene Rücklage wurde Komplex A zugerechnet, für Komplex B sollte eine eigene Rücklage angespart werden. In den Folgejahren wurden die Instandhaltungsrücklagen getrennt ausgewiesen und Rücklagen von 469.000 EUR für Komplex A und von 88.000 EUR für Komplex B angespart.

In einer Eigentümerversammlung am 11.10.2012 vertrat der Verwalter die Meinung, dass die Rücklagen wieder zusammengeführt werden müssten. Die Eigentümer beschlossen daraufhin mit einfacher Mehrheit, dass die Eigentümer der Wohnungen in Komplex B per Sonderumlage eine Ausgleichszahlung von rund 50.000 EUR zuzüglich 1.080 EUR monatlich bis zum Inkrafttreten eines gemeinschaftlichen Wirtschaftsplans an die Gemeinschaft leisten müssen. Die Eigentümer weigern sich, den geforderten Betrag zu zahlen.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof ist der Ansicht, dass die Eigentümer der Wohnungen in Komplex B zu Recht die Zahlung des Ausgleichsbetrags verweigert haben.

Die Gemeinschaftsordnung sieht vor, dass für die Komplexe A und B getrennte Instandhaltungsrücklagen gebildet werden. Ursprünglich war zwar vorgesehen, eine einheitliche Instandhaltungsrücklage für die Wohngebäude zu bilden. Diese Regelung ist aber durch den Beschluss vom 7.12.2004 geändert worden.

Es ist zulässig, für Mehrhausanlagen in der Gemeinschaftsordnung buchungstechnisch getrennte Rücklagen zu bilden, deren Verwendungszweck jeweils die Instandhaltung der einzelnen Gebäude oder Gebäudekomplexe ist. Ungeachtet einer solchen Zweckbindung gehören die getrennten Instandhaltungsrücklagen zum Verwaltungsvermögen des Verbands. Hier handelt es sich um eine solche Mehrhausanlage mit getrennten Baukörpern, was eine eindeutige Kostenzuordnung erlaubt.

Der am 11.10.2012 gefasste Beschluss über die Ausgleichszahlung ist hingegen nichtig. Da die Gemeinschaftsordnung nunmehr getrennte Instandhaltungsrücklagen vorsieht, entbehrt die in dem Beschluss vorgesehene Zahlungspflicht der erforderlichen Grundlage. Die einheitliche Instandhaltungsrücklage, deren Auffüllung die Zahlung dienen soll, gibt es nicht.

10. Mahnverfahren: Bei unrichtigen Angaben hemmt der Mahnbescheid die Verjährung nicht

Der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids sollte richtig ausgefüllt sein. Denn wer bewusst wahrheitswidrige Erklärungen abgibt, kann am Ende leer ausgehen.

Der Kläger hatte im Jahr 1992 Wohnungseigentum erworben. Der Kaufpreis wurde über ein Darlehen finanziert. Später kamen dem Kläger Zweifel, ob die Darlehensgeberin ihn vor Vertragsabschluss zutreffend über die Risiken des Vertrags aufgeklärt hatte. Seine Prozessbevollmächtigten reichten am 30.12.2008 einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids ein. In dem Antragsformular kreuzten sie ein Feld an, wonach der geltend gemachte Anspruch nicht von einer Gegenleistung abhängt. Die Prozessbevollmächtigten waren sich bei dieser Erklärung bewusst, dass der Inhalt unrichtig ist. Sie machten nämlich den sog. großen Schadenersatz geltend, d. h. sie forderten Ersatz des gesamten Erfüllungsinteresses. Im konkreten Fall konnte der Schadenersatz nur Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung der Eigentumswohnung verlangt werden.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof lehnte die Schadensersatzklage – wie alle Instanzen vor ihm – ab. Die Einleitung eines Mahnverfahrens ist ausgeschlossen, wenn der geltend gemachte Anspruch von einer Gegenleistung abhängt, die noch nicht erbracht ist. In diesem Fall ist der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids zwingend zurückzuweisen. In Kenntnis dieser Rechtslage hatten die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers bewusst die unrichtige Erklärung abgegeben, der Anspruch sei von einer Gegenleistung nicht abhängig.

Dieses Verhalten der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers bewertete der Bundesgerichtshof als einen Missbrauch des Mahnverfahrens zum Zweck der Verjährungshemmung mit unwahren Angaben. Ein solcher Rechtsmissbrauch verwehrt es dem Antragsteller, sich auf die durch unrichtige Angaben erschlichene Rechtsposition zu berufen.

Auch die Zuerkennung des kleinen Schadensersatzes versagte der Bundesgerichtshof dem Kläger. Im Gegensatz zum großen Schadenersatz ist der kleine Schadensersatz lediglich auf Ausgleich des Differenzschadens unter Beibehaltung der bereits ausgetauschten Leistungen gerichtet. Die unlautere Vorgehensweise bei Antragstellung verwehrt es nach Ansicht des Bundesgerichtshofs dem Kläger, sich nun auf die Geltendmachung des kleinen Schadensersatzanspruchs zurückzuziehen – auch wenn der Antrag dann richtig gewesen wäre.

Seine rechtsmissbräuchliche Vorgehensweise führt dazu, dass die Verjährungshemmung nicht eingetreten ist. Damit ging der Kläger völlig leer aus.

11. Schwarzarbeit: Gewährleistungsansprüche sind ausgeschlossen

Wer schwarzarbeiten lässt, hat keinen Anspruch auf Schadensersatz. Der Bundesgerichtshof bleibt in dieser Sache hart.

Für die Ausführung von Dachausbauarbeiten war ein Werklohn von 10.000 EUR ohne Umsatzsteuer vereinbart. Nach Durchführung der Arbeiten stellte der Unternehmer eine Rechnung über diesen Betrag ohne Ausweis der Umsatzsteuer, den der Auftraggeber auch zahlte. Da die Werkleistung mangelhaft war, verlangt der Auftraggeber Rückzahlung von 8.300 EUR.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof lehnt auch in diesem Fall jegliche Ansprüche des Auftraggebers ab.

Der Unternehmer hat bewusst gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verstoßen, indem er mit dem Auftraggeber vereinbart hat, dass für den Werklohn keine Rechnung mit Steuerausweis gestellt und keine Umsatzsteuer gezahlt werden sollte. Der Auftraggeber hat dies auch zu seinem Vorteil ausgenutzt. Der Werkvertrag ist daher nichtig. Der Auftraggeber kann deshalb keine Mängelansprüche geltend machen.

Dem Auftraggeber steht auch kein Anspruch auf Ausgleich der Bereicherung des Unternehmers zu, die darin besteht, dass er für die mangelhafte Werkleistung zu viel bezahlt hat. Zwar kann ein Besteller, der aufgrund eines nichtigen Vertrags Leistungen erbracht hat, vom Unternehmer grundsätzlich die Herausgabe dieser Leistungen verlangen. Das gilt aber nicht, wenn der Besteller mit seiner Leistung gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat. Das ist hier der Fall.


Sie haben noch Fragen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren, wir beraten Sie gerne.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Gißewski
Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
www.gißewski.de